Die Tuschpinsel- und Kreidezeichnung entsteht um 1910 in einer Phase, in der sich die Arbeit innerhalb der Brücke für Pechstein immer intensiver gestaltet. Pechstein gründet mit weiteren, von der Berliner Secession abgelehnten, Künstlern die Neue Secession, in der ab 1911 alle Brücke-Mitglieder geschlos- sen ausstellen. In Berlin arbeitet Pechstein an der immer stärker werdenden Reduktion der Formen und Farben und dem Gegeneinander von Form und Fläche, das den Werken eine stets wachsende Energie gibt. Pechstein selbst schreibt in seinen Erinnerungen an diese Zeit: „Das Leben in Berlin, der Stadt, die damals in den Jahren vor dem Weltkrieg, in so beschleunigtem Auftrieb wuchs, sagte mir zu, und ich beschloß, von Paris zu scheiden.“ 9 Es entstehen zahlreiche Arbeiten aus dem Berliner Nachtleben, wo Pechstein in Varietés, Kabaretts und anderen Vergnügungslokalen verkehrt und exotische und freie Gegenentwürfe zur zivilisationsfernen Natur der Moritzburger Seen findet. Seit der Kunstkritiker Max Osborn (1870 – 1946) das Gemälde Der Tanz von 1910 zwölf Jahre später gar zum „Symbol der ganzen Pechstein-Kunst“ erhebt 10, ist die zent- rale Bedeutung des Varietés in Pechsteins Œuvre auch im kunsthistorischen Diskurs verankert. 9 Max Pechstein: Erinnerungen. Mit 105 Zeichnungen des Künstlers, Wiesbaden 1960, Nachdruck Stuttgart 1993, S. 33 10 Max Osborn: Max Pechstein, Berlin 1922, Abb. S. 29 #1567 Hermann Max Pechstein (1881 – 1955) Varieté, um 1910 Ölkreide und Tuschpinsel auf Papier (braun) 14,2 x 20 cm rechts unten monogrammiert Expertise Alexander Pechstein vom 14.01.2018. Diese Ölkreidezeichnung wird in der Max Pechstein- Urheberrechtsgemeinschaft, in der Kartei unter dem Titel „Varieté“, um 1910, geführt. Provenienz: Privatbesitz, Nordrhein-Westfalen Privatsammlung, Hessen 38