ein rendezvous mit malerinnen der jahrhundertwende
galerie schüller im bayerischen hof
liebe freunde der galerie schüller, „kunst ist doch das allerschönste“, so schrieb die künstlerin paula modersohn-becker in einem brief an ihre mutter. uns dieser allerschönsten sache widmend, berühren uns die werke und biografien der malerinnen der jahrhundertwende immer wieder aufs neue. paula modersohn-becker, gabriele münter und käthe kollwitz sind herausragende künstlerinnen dieser epoche. wir freuen uns und sind stolz darauf, ihnen einige ihrer werke in unserer galerie präsentieren zu dürfen. frauen, die während der zeit zwischen dem 19. und 20. jahrhundert eine karriere als künstlerin anstrebten, mussten für ausbildung und anerkennung oft hart kämpfen. die um 1900 geltenden konventionen hatten für das weibliche geschlecht lediglich eine rolle als ehefrau und mutter vorgesehen. eine existenz als künstle- rin war kaum denkbar. obwohl sich paula modersohn-becker, gabriele münter und käthe kollwitz in ihrer bildnerischen darstellungs- weise unterscheiden, sind ihren biografien der mut und die entschlossenheit, der eigenen kunst ausdruck zu verleihen, gemein. trotz privater und beruflicher schicksalsschläge blieb die energie und der wille dieser frauen ungebrochen. die lebensphasen, in denen die von uns ausgestellten werke entstanden sind, stehen oft in unmittelbarem bezug zum dargestellten. sehr gerne werden wir ihnen bei einem besuch in unserer galerie die verbindung zwischen der lebenssituation der künstlerin und dem jeweiligen werk erläutern. kunst speist sich aus vielen quellen. eine davon mag der gefühlte lebensmoment, die innere sicht auf die dinge und das erlebte sein. marc chagall formulierte es so: „kunst scheint mir vor allem ein seelenzustand zu sein.“ wir freuen uns darauf, sie in unserer galerie willkommen zu heißen. herzlichst, ihre lona schüller im namen des teams der galerie schüller
paula modersohn-becker (1876 dresden – 1907 worpswede) paula becker wird 1876 in dresden geboren. 1888 siedelt die familie nach bremen um. ersten zeichenunterricht erhält becker 1892 an der londoner school of arts. von 1893 bis 1895 nimmt sie parallel zu ihrer lehrerinnenausbildung in london und bremen pri- vaten zeichenunterricht. in berlin belegt sie nach 1895 kurse der mal- und zeichenschu- le des „verein der berliner künstlerinnen“. nach worpswede zieht sie 1899, um bei fritz mackensen (1866 – 1953), einem künstler der kolonie, malunterricht zu nehmen. becker prä- sentiert ihre gemälde der öffentlichkeit, die kritisiert werden. nach der rückkehr von einer ersten parisreise heiratet sie 1901 den worpsweder maler otto modersohn. 1906 zeigt sie ihre arbeiten in der bremer kunsthalle, welche kaum beachtung finden. noch im selben jahr trennt sich modersohn-becker kurzzeitig von ihrem mann, um nochmals nach paris zu gehen und kurse an der école des beaux-arts zu belegen. erst 1907 kehrt sie zu otto modersohn zurück. anfang november gebärt sie die gemeinsame tochter mathilde und stirbt kurz darauf an den folgen der geburt. 1937 diffamieren die nationalsozialisten paula modersohn-becker als „entartet“ und beschlagnahmen 70 ihrer werke. paula becker was born in dresden in 1876. in 1888 the family moved to bremen. she re- ceived her first drawing lesson in 1892 at the london school of arts. following the wishes of her parents she studied teaching between 1893 and 1895 in london and bremen. in parallel with her studies, she received lessons in drawing. from 1895, becker took courses at the painting and drawing school of the association of berlin women artists. in 1899 she moved to worpswede in order to take painting lessons from fritz mackensen, an artist of the artist colony based there. on returning from a first trip to paris, she married the worpsweder painter otto modersohn in 1901. in 1906 she exhibited in bremen, yet her work generated little interest. later, in the same year, modersohn-becker left her husband temporarily to un- dertake a further trip to paris. there, she took a course at the école des beaux-arts. in 1907 she returned to worpswede and to otto modersohn. at the beginning of november she gave birth to their daughter matthilde. paula modersohn-becker died as a result of complications relating to child-birth in november 1907. in 1937 she was defamed by the national social- ists as a ‚degenerate artist‘.
# 1455 paula modersohn-becker (1876 –1907) junge im gras, ca. 1902 öl / malkarton 45 x 46 cm wv busch / werner no. 287, abb. s.203 provenienz: otto modersohn, philine vogeler, worpswede 1921, irma assenheimer 1960, privatbesitz süddeutschland
gabriele münter (1877 berlin – 1962 murnau) gabriele münter wird 1877 in berlin geboren, verstirbt 1962 in murnau. beginn der kunst- ausbildung münters ist der besuch der damenkunstschule in düsseldorf 1897. es folgt eine reise durch amerika. ab 1901 lebt sie für einige zeit in münchen und nimmt das studium an der malschule des künstlerinnen-vereins auf. sie belegt 1902 verschiedene kurse an der von wassily kandinsky (1866 – 1944) geleiteten „phalanx“-schule. 1903 verlobung mit kandinsky. es folgen gemeinsame reisen nach frankreich, italien, tunesien und holland. 1908 – 1909 lebt das paar zunächst in münchen, danach in münters haus in murnau. sie ist mitbegründerin der „neuen künstlervereinigung münchen“, deren mitglied sie bis 1911 bleibt. danach ist sie mit- glied in der u. a. von kandinsky und franz marc 1914 gegründeten künstlergruppe „der blaue reiter“. 1914 fliehen sie in die schweiz, kurz darauf trennt sich das paar. mehrjährige reisen führen münter nach kopenhagen und stockholm. ab 1920 lebt sie in köln, münchen und mur- nau, ab 1925 dann auch in berlin. 1931 lässt sich münter mit ihrem zweiten lebensgefährten johannes eichner in murnau nieder, wo sie bis zu ihrem tod lebt. gabriele münter was born in berlin in 1877. she died in murnau in 1962. she began her stud- ies at the art academy for ladies, in düsseldorf in 1897. from 1898 to 1900 she travelled in the united states. she moved to munich in 1901 and enrolled at the painting school run by the “künstlerinnen verein“. in 1902 she began to attend a private art school named phalanx run by wassily kandinsky (1866 – 1944). she became ‘engaged’ to kandinsky in 1903. they began travelling together, visiting holland, france, italy and tunisia. returning to munich in 1908 and in 1909 they moved to münter’s country house in murnau. münter co-founded the “neue künstlervereinigung münchen”. she remained a member until 1911 when the ger- man expressionist group “blaue reiter” was formed by kandinsky, f. marc and associates. af- ter the outbreak of war in 1914, münter and kandinsky left for switzerland, only to separate a year later. münter left for stockholm, moving to copenhagen in 1917. in the 1920s she travelled extensively, periodically living in cologne, munich and murnau. she was in berlin for a time in 1925. in 1931 she settled in murnau with her companion johannes eichner and lived there until her death.
# b1219 gabriele münter (1877 – 1962) bei der kiesgrube, 1934 mischtechnik auf papier 48 x 37,8 cm links unten monogrammiert verso bezeichnet: „12 / 34“ und „9.iii“ im arbeitsheft der künstlerin findet sich folgender eintrag: „bei der kiesgrube“ sowie „pp.öl 12“ und „9.iii“ expertise dr. matthias mühling, august 2014 provenienz: privatbesitz süddeutschland
# 1456 gabriele münter (1877 – 1962) landschaft, um 1906 öl / leinwand 25 x 17 cm rückseitig stempel der gm- u. j. eichner-stiftung provenienz: privatbesitz hessen das bild wird in das von der gabriele münter- und johannes eichner-stiftung herausge- gebene werkverzeichnis der gemälde von gabriele münter aufgenommen.
# 1530 gabriele münter (1877 – 1962) plakat für die gabriele münter-ausstellung kopenhagen, 1918 farblithographie auf papier 89,3 x 65 cm provenienz: privatsammlung süddeutschland farblithographie auf maschi- nenpapier, auf dünnem karton aufgezogen 87 x 62 cm. gedruckt bei chr. caro, kopen- hagen, mit der bezeichnung im stein links unten. exemplar ohne die schrift. werkverzeichnis: hoberg 57 iii (von iv), helms 57
käthe kollwitz (1867 königsberg – 1945 moritzburg) die künstlerische ausbildung von käthe kollwitz beginnt 1881 mit mal- und zeichenunterricht. 1888–1890 studiert sie in münchen bei ludwig herterich. 1891 heiratet sie den arzt karl koll- witz, mit dem sie nach berlin zieht. 1898–1903 ist käthe kollwitz als lehrerin an der berliner künstlerinnenschule tätig. 1904 hält sie sich zu studienzwecken in paris auf und besucht die bildhauerklasse der „académie julian“. den villa-romana-preis erhält sie 1907 und verbringt mehrere monate in florenz. 1919 wird käthe kollwitz als erste frau mitglied der preußischen akademie der künste und erhält den professorentitel. wegen ihrer politischen aktivitäten schei- det sie 1933 aus der akademie aus. im juli 1944 zieht sie auf den rüdenhof in moritzburg. der schmerz über den verlust ihres sohnes im krieg und der ruf nach frieden beschäftigen die künstlerin viele jahre. käthe kollwitz was tutored in painting and drawing from 1881. she later studied in munich with ludwig herterich between 1888 and 1890. one year later, in 1891, she married the doctor karl kollwitz and they moved to berlin. from 1898 to 1903 käthe kollwitz worked as a teacher at the berlin school for female artists (berliner künstlerinnenschule). in 1904 she travelled to paris to study, attending the sculpture class at the “académie julian”. she was awarded the villa romana prize in 1907 and spent a number of months in florence. in 1919 kollwitz became the first female member of the prussian academy of art and was awarded the title of professor. as a result of her political activities she left the academy in 1933. in july 1944, at the invitation of prince henry of saxony, she moved into the rüdenhof on his estate in moritzburg. the pain that she suffered as a result of the loss of her son during the war, and the call for peace were to be important influences in the artist’s work for many years.
# 1518 käthe kollwitz (1867–1945) mutter mit totem kind, 1903 kohle und rötel auf papier 47,8 x 62,3 cm rechts unten signiert provenienz: sammlung johanna ackermann & walter sauerwein, frankfurt am main sammlung ingeborg tremmel, münchen christie‘s new york, 7. mai 2009 privatsammlung, süddeutschland literatur: münchen, staatliche graphische sammlung: käthe kollwitz. zeichnungen und graphik. november 1952 – januar 1953, kat. no. 13, ill. abb.4; nagel/timm: käthe kollwitz. die handzeichnungen. no. 243 abb. 231